Die moderne Welt wird von einer Welle ständiger Veränderungen und Informationen überflutet, und Organisationen stehen vor der anspruchsvollen Aufgabe, in diesem Meer von Daten kluge Entscheidungen zu treffen. In diesem ausführlichen Artikel werden wir nicht nur die Grundlagen von Intelligence beleuchten, sondern auch verschiedene Anwendungsfelder von Intelligence in Deutschland aufzeigen.
Der Begriff Intelligence umfasst weitaus mehr als nur das Sammeln von Informationen. Es steht für einen durchdachten Prozess des Sammelns, Analysierens und Interpretierens von Daten, um ein tiefgehendes Verständnis zu gewinnen und somit fundierte Entscheidungen zu ermöglichen. Dabei umfasst Intelligence nicht nur diesen Aspekt, sondern mindestens drei verschiedene Aspekte, was die Übersetzung ins Deutsche weitestgehend unmöglich macht:
„Intelligence is a specialized form of knowledge, an activity, and an organization. As knowledge, intelligence informs leaders, uniquely aiding their judgment and decision-making. As an activity, it is the means by which data and information are collected, their relevance to an issue established, interpreted to determine likely outcomes, and disseminated to individuals and organizations who can make use of it, otherwise known as ‘consumers of intelligence.’ An intelligence organization directs and manages these activities to create such knowledge as effectively as possible.”
David T. Moore:
Critical Thinking and Intelligence Analysis, National Defence Intelligence College, Occasional Paper Number 14, Washington DC: 2007, S. 1.
Was also ist Intelligence: Intelligence ist eine spezielle Form des Wissens, eine Aktivität und beschreibt außerdem einen Typus von Organisation.
Als spezielle Form des Wissens dient Intelligence vor allem dazu, Entscheidungen zu ermöglichen. Hierzu liefert Intelligence möglichst vollständige, bewertete und mit Handlungsempfehlungen versehene Analyseergebnisse (actionable Intelligence). Intelligence hebt sich damit deutlich von Daten oder Informationen ab.
Als Aktivität – also als systematische Vorgehensweise – nutzen Organisationen in der Regel den Intelligence Cycle, um Intelligence als spezielle Form des Wissens hervorzubringen. Der Intelligence Cycle als Modell dient der systematischen Übersicht, welche Prozessschritte im Groben notwendig sind, um Intelligence als spezielle Form des Wissens zu generieren.
Die Schritte des Intelligence Cycle sind Direction, Collection, Processing und Dissemination. Entlang des gesamten Intelligence Cycle kommen wiederrum Mikroprozesse zur Anwendung, um reflektiert, transparent und kollaborativ zu bestmöglichen Ergebnissen zu gelangen: so genannte Strukturierte Analysetechniken (SATs).
Und schließlich gibt es Intelligence Organisationen. Also staatliche Institutionen wie den Bundesnachrichtendienst (BND) oder den Verfassungsschutz, die durch die Implementierung von Intelligence als Aktivität, Intelligence als spezielle Form des Wissens generieren. Daneben nutzen aber auch Unternehmen Intelligence, um beispielsweise die Sicherheit der Schutzgüter des Unternehmens effizienter zu gewährleisten, die eigene Wettbewerbsposition auszubauen oder als Mittel zur Strategiefindung. In diesem Kontext ist Intelligence der Schlüssel, der Unternehmen hilft, in einer sich ständig wandelnden Umgebung erfolgreich zu navigieren.
Die Anwendungsbereiche von Intelligence sind breit gefächert und reichen von der Wettbewerbspositionierung bis hin zur Risikominimierung. Die sorgfältige Anwendung von Intelligence ermöglicht es Organisationen, die Herausforderungen der heutigen Welt mit einem klaren Blick und einer fundierten Strategie anzugehen.
Die Sicherheit von Unternehmen ist in einer Welt voller physischer und digitaler Bedrohungen von entscheidender Bedeutung. Corporate Security Intelligence beinhaltet die Überwachung und Analyse von Sicherheitsrisiken, um präventive Maßnahmen zu ergreifen und Schutzwerte der Organisation abzusichern.
Inhaltlich kann es hierbei unterschiedliche Schwerpunkte geben. Beispielsweise befasst sich die Corporate Security Intelligence im Kontext von Reisesicherheit mit den Risiken für Geschäftsreisende oder Expats. Im Kontext der Objektsicherheit werden Themen wie die Objektsicherheit, die Sicherheit von beweglichen Schutzgütern oder die Aufklärung von Unregelmäßigkeiten oder Diebstählen behandelt. Im Kontext von Eventsicherheit geht es um die Absicherung von Veranstaltungen und wie Intelligence einen Beitrag zu effektiven und effizienten Maßnahmen leisten kann. Und schließlich gibt es oftmals auch Intelligence-Funktionen, die andere Abteilungen oder Teams querschnittlich mit Intelligence versorgen. Diese firmieren oftmals unter dem Label OSINT (Open Source Intelligence).
Die Wettbewerbslandschaft ist ständigen Veränderungen unterworfen. Unternehmen nutzen Competitive Intelligence, um einen Einblick in die Strategien und Taktiken ihrer Konkurrenten zu gewinnen, Markttrends zu identifizieren und ihre eigene Position zu stärken.
Durch die kontinuierliche Analyse des Marktumfelds ermöglicht Competitive Intelligence (CI) Unternehmen ein umfassendes Verständnis von Markttrends, Kundenpräferenzen und neuen Technologien. Dieser Informationsreichtum bildet die Grundlage für fundierte strategische Entscheidungen. Ein entscheidender Vorteil von CI liegt in der frühzeitigen Identifikation von Wettbewerbsaktivitäten. Durch die ständige Überwachung relevanter Wettbewerber können Unternehmen Veränderungen in Strategien, Produktentwicklungen oder Marketingaktionen rechtzeitig erfassen und proaktiv darauf reagieren, um ihre eigene Position zu stärken.
Competitive Intelligence dient auch der Identifikation neuer Marktmöglichkeiten. Durch die Analyse von Marktdaten können Unternehmen innovative Potenziale erkennen und gezielte Schritte unternehmen, um neue Produkte oder Dienstleistungen einzuführen, die den sich ändernden Kundenbedürfnissen gerecht werden.
In einer Ära von zunehmenden Cyberbedrohungen ist Cyber Threat Intelligence (CTI) unerlässlich. Organisationen müssen die neuesten Entwicklungen im Cyberspace verstehen, um sich gegen Angriffe zu verteidigen. Cyber Threat Intelligence bietet diesen Einblick und ermöglicht eine proaktive Reaktion auf potenzielle Gefahren, indem etablierte Ansätze aus dem Bereich Intelligence für den Cybersicherheitsbereich adaptiert werden.
Cyber Threat Intelligence beinhaltet die systematische Sammlung, Analyse und Interpretation von Daten im Zusammenhang mit Cyberbedrohungen. Durch das umfassende Verständnis der Taktiken, Techniken und Verfahren, die von Schadakteuren eingesetzt werden, können Organisationen ihre Cybersicherheit stärken und effektiv auf potenzielle Bedrohungen reagieren.
Cyber Threat Intelligence unterstützt Organisationen dabei, die sich ständig verändernde Landschaft der Cyberbedrohungen zu verstehen. Dazu gehören Erkenntnisse über die neuesten Schwachstellen, Exploitation-Tactics, und Trends bei Schadsoftware. Mit diesem Wissen können Organisationen ihre Cybersicherheitsmaßnahmen proaktiv aktualisieren und so Widerstandsfähigkeit gegenüber anspruchsvollen Cyberangreifern (bspw. APTs) gewährleisten.
Eine entsprechend professionelle Aufstellung der eigenen Cybersicherheit ist vor allem im Bereich KRITIS unerlässlich. Für Organisationen, die in kritischen Sektoren wie Finanzen, Gesundheitswesen oder kritischer Infrastruktur tätig sind, ist CTI nicht nur ein Cybersicherheitswerkzeug; es ist eine strategische Ressource. Das Verständnis der spezifischen Bedrohungen, die ihre Branche betreffen, ermöglicht es diesen Organisationen, ihre Cybersicherheitsstrategien effektiv auf branchenspezifische Risiken abzustimmen. Auf diese Weise tragen entsprechend verantwortungsvoll handelnde Unternehmen und Organisationen zur gesamtgesellschaftlichen Resilienz bei.
Unter (Nation State) Intelligence, versteht man die staatlich orchestrierte Sammlung und Analyse von Informationen durch Nachrichtendienste. Je nach Perspektive, ob im Inland oder Ausland, nehmen diese Dienste unterschiedliche Rollen und Aufgaben wahr.
Innerhalb Deutschlands konzentriert sich der Verfassungsschutz auf die Überwachung und Analyse von Ereignissen und Entwicklungen innerhalb der Landesgrenzen. Der Fokus liegt auf der Sicherung der freiheitlich demokratischen Grundordnung und dem Schutz vor Bedrohungen durch extremistische Gruppen, Spionage oder andere Sicherheitsrisiken. Inlandsnachrichtendienste wie der Verfassungsschutz sind entscheidend für die Aufrechterhaltung der inneren Sicherheit und die Verhinderung potenzieller Bedrohungen von innen.
Im Gegensatz dazu widmen sich Auslandsnachrichtendienste wie der deutsche Bundesnachrichtendienst (BND) der Beschaffung von Informationen über externe Angelegenheiten. Dies beinhaltet das Sammeln von Erkenntnissen über internationale Entwicklungen, geopolitische Verschiebungen, mögliche Bedrohungen durch ausländische Akteure und die Analyse globaler Trends. Auslandsnachrichtendienste spielen eine wichtige Rolle bei der Sicherung nationaler Interessen und tragen dazu bei, politische Entscheidungen auf internationaler Ebene zu informieren.
(Nation State) Intelligence ist also ein vielschichtiges Instrument, das je nach Ausrichtung entweder auf die Bewahrung innerer Stabilität im Inland oder den Schutz nationaler Interessen im Ausland abzielt. Durch die Koordination dieser Aktivitäten tragen staatliche Nachrichtendienste dazu bei, die Sicherheit und Souveränität eines Landes aufrechtzuerhalten.
In Deutschland spielt Intelligence eine zentrale Rolle bei der Sicherung der nationalen Interessen und prinzipiell auch mit Blick auf die gesamtstaatliche Resilienz. Hierzu ist eine Vernetzung und ein Austausch von Intelligence Akteuren staatlicher Institutionen und privatwirtschaftlicher Unternehmen zwingende Voraussetzung.
Die verschiedenen Nachrichtendienste, angefangen beim BND bis hin zum Verfassungsschutz, sind integraler Bestandteil des Schutzes gegen externe und interne Bedrohungen. Die Effektivität dieser Dienste trägt direkt zur Sicherheit der Bürger und zur Stabilität des Landes und seiner verfassungsrechtlichen Ordnung bei.
Auch mehr und mehr Unternehmen setzen in den Bereichen Unternehmenssicherheit, Strategiebildung oder Wettbewerb auf eigene Intelligence-Funktionen. Am deutlichsten vollzieht sich dieser Wandel in den Bereichen Corporate Security und Strategiebildung. Hier werden beispielsweise unterschiedliche Strukturierte Analysetechniken eingesetzt, um künftig mögliche Entwicklungen zu antizipieren (Foresight). Entweder, um Sicherheitsrisiken zu identifizieren oder um globaler denkend Entwicklungen zu antizipieren, die Einfluss auf die Strategiebildung des Unternehmens haben.
Das Personal, das in Unternehmen Intelligence betreibt, stammt in Deutschland oftmals aus den Nachrichtendiensten, der Polizei, der Bundeswehr oder hat einen zivilen Hintergrund im Bereich Security Management. Damit besteht die Herausforderung der Harmonisierung der individuellen Zeichenvorräte und Implementation einheitlicher Prozesse zur Steigerung der Effizienz und Effektivität. Dieser Herausforderung setzt Deutschland bisher wenig entgegen. So gibt es bisher lediglich einen Masterstudiengang zu Intelligence, welcher für Zivilpersonen nicht zugänglich ist. An genau dieser Stelle möchten wir von Strukturierte Analyse Deutschland ansetzen, um Angehörige von Behörden und Unternehmen qualitativ hochwertig zu schulen.
Sprechen Sie uns gern an und vereinbaren einen unverbindlichen Beratungstermin, in dem wir gemeinsam herausarbeiten, wie wir Ihr Personal am besten weiterqualifizieren können.
Wenn Sie sich tiefergehend mit dem Themenfeld Intelligence auseinandersetzen möchten, finden Sie nachfolgend eine Auswahl unterschiedlicher Literatur zum Thema.
Bücher / Publikationen zum Themenfeld Intelligence
Onlineressourcen zum Themenfeld Intelligence:
Podcasts zum Themenfeld Intelligence auf Spotify:
Playlist zum Thema Intelligence von Ole Donner
Auf der German Intelligence Community Conference habe ich erklärt, was Intelligence ist und wo Intelligence Funktionen zum Einsatz kommen, um Mehrwerte für Organisationen zu schaffen.
Ole Donner
Gründer von Strukturierte Analyse Deutschland